t0mmi hat geschrieben:
Ich kenne das Urteil... bitte lies es nochmal...
Ich habe inzwischen ein neueres BGH-Urteil aus dem Jahr 2014 gefunden, und zwar I ZR 169/12.
Wenn ich es richtig verstehe, gilt folgendes:
Wenn nachweislich mehrere Personen Zugang zu einem Internet-Zugang haben, muss der Kläger (im konkreten Fall: die Musikindustrie) nachweisen, welche Person die Raubkopien gemacht hat. Ansonsten kann man den Anschlussinhaber nur wegen Störerhaftung, aber nicht wegen Haftung als Täter dranbekommen.
Für den Anschlussinhaber reicht es nach diesem Urteil also aus, zu beweisen, dass andere Personen den Internet-Zugang benutzen
konnten und man muss nicht beweisen, dass der Internet-Anschluss tatsächlich von jemand anderem benutzt wurde.
Es gibt ein anderes Urteil, bei dem der BGH anders entschieden hat - und zwar deswegen, weil der Beklagte sich geweigert hatte, den Täter zu nennen
obwohl er wusste, wer es war.
Für die Störerhaftung habe ich von einem BGH-Urteil gehört, das ich später für eine Diskussion noch einmal gesucht hatte, aber leider nicht gefunden:
Störerhaftung zahlt man prinzipiell dann, wenn man selbst einer anderen Person ermöglicht, den eigenen Internet-Anschluss zu nutzen. Wenn man selbst hingegen keinen Einfluss darauf hat, dass andere Personen den Internet-Anschluss nutzen können (also z.B. WLAN-Router hat ein unbekanntes Sicherheitsleck), ist man auch nicht zur Störerhaftung verpflichtet.
Beide Urteile zusammen würde ich (und ich bin
kein Jurist) so verstehen, dass man im von dir verlinkten Fall (das Rechenzentrum des Providers und/oder das Netz wurden
nachweislich gehackt) recht gute Chancen vor Gericht hätte:
Schließlich hatten nachweislich andere Personen Zugang zu deinem Internet-Anschluss (IP-Adresse), du kennst diese Personen nicht und du bist auch nicht schuld daran, dass diese Personen Zugang zu deinem Anschluss haben.
So wehrlos gegen die "übermächtige Abmahnindustrie", wie du es darstellst, ist man also nicht.
Leider stört mich, dass angeblich 2% der Abmahnungen tatsächlich auf Zahlendreher zurückgehen - also jede 50. Abmahnung den falschen Anschlussinhaber trifft. Diese Zahl ist extrem hoch!
Prinzipiell hat mich übrigens ein Satz aus deinem vorherigen Beitrag gestört:
t0mmi hat geschrieben:
Der Witz an der Sache ist ja gerade der, dass wenn du den Brief erhältst schon alles Gerichtliche gelaufen ist.
Zu diesem Zeitpunkt ist
exakt eine Gerichtsentscheidung gefallen:
Diejenige, dass der Provider deinen Namen und deine Adresse an den Kläger rausrücken muss. Mehr nicht.
Noch nicht einmal die Entscheidung, ob das "Raubkopieren" überhaupt illegal war, ist zu diesem Zeitpunkt gefallen. In wieweit du als Anschlussinhaber verantwortlich gemacht werden kannst, schon zweimal nicht.
Zu einem Gerichtsverfahren kommt es nur, wenn du die Abmahnung
nicht akzeptierst - also z.B. wenn du die Abmahnung einfach ignorierst (was du logischerweise nur machen solltest, wenn dir dein Anwalt dazu rät).
Es gibt Beispiele für Gerichtsprozesse, wo dann sogar entschieden wurde, dass das angebliche "Raubkopieren" noch nicht einmal illegal war, sondern legal - und der "Raubkopierer" folglich auch kein Geld zahlen musste.