Was nach Seifenoper klingt, stellt sich Trauerspiel dar. Im Oktober hatte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen die Firma, die auch das hessische Kabelnetz betreibt, abgemahnt und später vor dem Landgericht Köln geklagt. Die von Unitymedia zum 1. Januar 2008 angekündigte Preiserhöhung für analoge Einzelanschlüsse um gut 15 Prozent auf 17,90 Euro monatlich sei unwirksam, argumentierten die Konsumentenschützer. Nach ihrer Meinung wurde der Aufschlag "nicht ausreichend deutlich mitgeteilt" und hielt die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) enthaltene Anpassungsklausel den "rechtlichen Anforderungen nicht Stand". Kunden, die den Aufschlag nicht akzeptieren wollten, riet die Zentrale, schriftlich Widerspruch einzulegen.
Am Mittwoch schien der Streit außergerichtlich beigelegt. Unitymedia habe versprochen, die Klausel nicht mehr zu verwenden, meldete die Verbraucherorganisation und schloss aus der unterzeichneten Unterlassungserklärung: Die Preiserhöhung ist "rechtlich unwirksam". Also können die Kunden den seit Januar erhobenen Aufschlag von monatlich 2,41 Euro zurückverlangen.
Doch Unitymedia sieht das ganz anders. Der Vergleich besage nur, "dass wir die strittigen AGB in Zukunft nicht mehr verwenden werden", teilte die Firma der FR mit. "Wir gehen aber nach wie vor davon aus, dass die Preiserhöhung für analoges Fernsehen gültig ist."
Nichts ist mit Geld zurück. Oder doch? Laut ihrer Juristin Helga Zander-Hayat zieht die Verbraucherzentrale weitere "rechtliche Schritte in Erwägung". Ins Internet hat die Organisation derweil Musterbriefe zum Download gestellt, mit denen Kunden die Preiserhöhung zurückfordern können.
Dabei geht es nicht "nur" um 2,41 Euro. Bei älteren Verträgen scheut sich Unitymedia nicht, wegen "steigender Energiepreise und Lohnkosten sowie einer allgemein steigenden Preisentwicklung" das Entgelt von 9,94 auf 16,90 Euro, also um 70 Prozent, für einen digitalen Anschluss zu erhöhen. Mit dem Nachlass von einem Euro gegenüber der analogen Verbindung möchte das Unternehmen einen "finanziellen Anreiz" für den Wechsel auf digitale Übertragung geben. Der sei auch das Ziel der Bundesregierung.
Unitymedia verfolgt profanere Ziele. Das Unternehmen mit rund 4,8 Millionen Kunden in Nordrhein-Westfalen und Hessen möchte Umsatz und Gewinn steigern. So wollen es die Private-Equity-Fonds, die die Mehrheit besitzen. Um die Vorgaben zu erfüllen, versucht Unitymedia, möglichst viele Inhalte durch die Kabel zu schicken und offeriert neben TV- auch Telefon- und Internetanschlüsse. Mit " 3play" hofft die Geschäftsführung, die Einnahmen je Kunde von rund zwölf auf 40 Euro und mehr zu steigern. Daraus lassen sich weitere Preiserhöhungen ableiten. Ob der oft kritisierte Service besser wird, ist aus der Präsentation nicht zu erkennen.
Gegen die "Umsatz-Maximierungsstrategie" wäre weniger einzuwenden, hätte Unitymedia nicht in den beiden Bundesländern eine monopolähnliche Stellung. Gleichwohl erkennt das Bundeskartellamt mit dem Argument, Fernsehen sei auch über Satellit, Antenne oder Internet zu empfangen, keine Einschränkung des Wettbewerbs und fühlt sich nicht zuständig. Umso mehr sind die Verbraucherzentralen gefordert.
(Quelle: FR vom 21.06.2008)