Diese Einschätzung stimmt zwar, aber ich würde da auch nicht zuviel Panik schieben.
1. Die konkreten Vorteile von 3.1 sind im ersten Jahr noch nicht abzusehen
Zunächst wird es vermutlich einen oder zwei Downstream Bereiche geben. Ich rechne damit dass man in den 3.1 Gebieten direkt 1GBit/s anbieten wird (ein Angebot mit z.B. 800MBit/s wäre etwas albern, weil alle von der Gigabitgesellschaft reden, und UM selbst von der Gigabit-City Bochum).
Meiner Meinung nach wird jedoch nur ein geringer Anteil der Kunden den Unterschied zwischen 400MBit/s und 1GBit/s überhaupt wertschätzen, das wären die Downloader und vielleicht der ein oder andere Gamer. Das sind zwar bedeutend viele Kunden, aber wohl trotzdem eine Minderheit. Es wird daher erstmal nur den einen Tarif geben, d.h. dieser a) ist ggf. nicht perfekt für verschiedene Anforderungen und b) nur zu einem überdurschnittlichem Preis verfügbar. Es ist daher noch garnicht sicher, dass die neue Technologie einem persönlich wirklich einen Vorteil bringt.
Aber in den volleren Segmenten bringt die Ausweitung der verfügbaren Bandbreite allen etwas, wenn dort die Poweruser ein Upgrade auf 3.1 machen - der Traffic dieser Kunden wandert in die neue Bandbreite und entlastet dadurch auch die 3.0 Kanäle.
2. Für den Upstream passiert erstmal nichts
Im Upstream wird sich erstmal nichts tun. Dort gibt es ohnehin nur einen kleinen Spielraum, solange das Netz nicht auf 85 MHz ausgebaut ist. Es wird daher bei fünf, ggf. sechs Upstream Kanälen bleiben.
Wir werden also womöglich 1GBit/s mit nur 25MBit/s Upstream bekommen, was eine Quote von 40:1 ist (die wird aktuell auch offiziell für den 400MBit/s Tarif angegeben). Wenn wir Glück haben gibt's vielleicht 40 oder sogar 50, aber da sehe ich keine großen Chancen.
3. Es gibt noch keine Endgeräte
In den USA werden gerade erst die ersten DS3.1 Endgeräte in großem Umfang verfügbar. Hierzulande wurde schon vor fast einem Jahr von verschiedenen Unternehmen versprochen, 3.0 Geräte auf den Markt zu bringen, die bisher nie aufgetaucht sind. Zwar sind DS3.1 Endgeräte mit DS3.0 abwärtskompatibel, und mittlerweile können viele Geräte sowohl die europäischen alsauch die nordamerikanischen Frequenzbänder, was den Markteinstieg durch die einheitlichen Standards einfacher macht, aber ich habe keine große Hoffnung, dass zur Zeit von den Unternehmen überhaupt eine Priorität auf die Entwicklung neuer Geräte gesetzt wird.
Ich bin gespannt, mit welchen Endgerät UM in die 3.1 Ära starten wird (ConnectBox 3.1), aber ich bin relativ sicher dass es kein AVM Gerät sein wird.
Allerdings sollte es möglich sein, auch einen der alten Tarife mit 3.1 Hardware zu nutzen - d.h. selbst wenn man noch Ende diesen Jahres einen zweijährigen Tarif mit 120MBit/s abschließt, könnte man vermutlich ab Mitte 2018 ein 3.1 Endgerät damit nutzen.
4. Investition in eigene Hardware ist sowieso ein Risiko
Eigene Hardware zu kaufen lohnt sich für viele Menschen sowieso nicht.
Zum einen liefert UM Hardware mit, die nichts extra kostet und einem Durschnittshaushalt ausreichend viel bietet, ohne dass man sich erst informieren muss, was man denn sonst gerne hätte und was kompatibel ist. Das ist auch im DSL-Markt so, die Leute nehmen was ihnen der Anbieter hinhält.
Die Preise, die AVM (als momentan einziger Anbieter am Markt) für ihre Kabelgeräte verlangt, sind ein ganz schöner Happen für ein Gerät, welches ausschließlich an einem Kabelanschluss betrieben werden kann - insbesondere, wenn man sich ansieht, was zum Beispiel routermiete.de abruft: Die Anschaffung einer 6490 scheint dort in etwa auf 5 Jahre kalkuliert zu sein, wenn man den günstigsten Preis für die Mietdauer von zwei Jahren auf den ungefähren Kaufpreis hochrechnet. Wenn ein Telekommunikationsvertrag nur zwei Jahre lang gehalten werden muss, wie soll ich dann sicher wissen, dass ich das Endgerät fünf Jahre lang verwenden kann?
Alternativen gibt es zwar nicht, aber die könnten jeden Moment auf den Markt kommen, es sind immerhin einige angekündigt (Jap, mir ist bewusst, dass ich grade gesagt hab ich glaube nicht dran). Was also, wenn nächste Woche ein besseres und günstigere Gerät verfügbar ist?
Ausserdem befinden wir uns in einer Zeit, in der eigentlich alle nach Glasfaser rufen. Es steht aber noch nicht fest, was das für den Endgerätemarkt bedeutet - wird man in-House doch wieder auf Koax umsetzen, oder schließt man sich in Zukunft anders an. Wer jetzt schon Koax hat und im Eigenheim wohnt, kann vermutlich relativ sicher sein, dass auch in 10 Jahren noch Koax da ist, aber wer zur Miete wohnt ist von seinem Vermieter abhängig und wer umzieht wird sich wohl den Wohnort nicht hauptsächlich danach aussuchen, dass es dort Koax gibt, damit er seine Fritzbox weiter betreiben kann.
Mein Fazit:
In den nächsten zwei Jahren werden wir sehen, ob UM sich behutsam oder aggressiv um Sprünge bei den Bandbreiten bemüht, und wie das Ökosystem drumherum sich entwickelt. Bis Ende 2018 wird 3.1 bei den meisten Kunden verfügbar sein und es wird mindestens ein Endgerät frei erwerblich geben. Wer bis Ende Juni noch einen 3.0 Vertrag schließt, kann dann Anfang 2019 zu voraussichtlich guten Konditionen in einen 3.1 Tarif wechseln.
Ich würde nicht abwarten, bis 3.1 kommt, ich würde aber auch nicht zwanghaft jetzt upgraden.
Wer aber ein gutes Angebot für 400Mbit/s bekommt und den Tarif auch gebrauchen kann, kann beruhigt zuschlagen.